Wasser und Moor

Wasser ist Leben. In der Heide weiß man das lebenspendende Nass besonders zu schätzen. Auch wenn es über eine lange Zeit reichlich geregnet hat, ist die Bodenoberfläche nach zwei bis drei Tagen wieder staubtrocken. Der hiesige Sandboden speichert kein Wasser – er lässt es einfach durchsickern.
Vor Urzeiten kam das Wasser nicht nur vom Himmel, sondern wurde aus dem hohen Norden in die Heide exportiert: Während der Eiszeiten schoben sich gigantische Gletscher bis weit in hiesige Lande voran. Sie zerstörten viel, doch schufen sie gleichzeitig eine neue Welt. Viele der heute erkennbaren Landschaftsspuren gehen auf die Weichsel-Kaltzeit zurück, die vor etwa 10.000 Jahren endete. Sie formte eine leicht gewellte Landschaft, brachte große Findlinge aus dem hohen Norden mit und gestaltete mit dem Schmelzwasser ihres Eispanzers die Gewässerlandschaft. Einige der durch Urstromtäler gebildeten Flüsse sind noch heute existent. Andere lassen sich nur noch als trockene Täler erkennen.

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Die ersten hier siedelnden Menschen nutzten die natürlichen Gegebenheiten und ließen dem Wasser seinen Lauf. Ein radikaler Umbruch in der Naturnutzung begann erst vor rund einhundert Jahren.
Im Zuge der wirtschaftlichen Landgewinnung veränderten sich regionale Gewässer radikal. Feuchtwiesen und Moore legte man kurzerhand trocken. Um Wasser schnell abfließen zu lassen oder gezielt auf Rieselwiesen zu verteilen, wurden die Heideflüsse vielerorts begradigt und kanalisiert. Von natürlichen Flüssen blieben vielfach nur in künstlich steile Ufer gezwängte Ablaufrinnen zurück. Eine Störung des natürlichen Gleichgewichts, deren Folgen auch heute zu spüren sind. Von Jahr zu Jahr kommen vermehrt Starkregen vor, die teils verheerende Überschwemmungen auslösen können. Ein natürliches Flussbett mit naturbelassenen Feuchtgebieten im Umland würde diese Wassermassen viel leichter und schneller absorbieren.

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Auch die Tier- und Pflanzenwelt leidet unter der modernen Wasserwirtschaft. Ihre Artenvielfalt dezimierte sich zusehends und ist nur schwer wiederherzustellen. Vielerorts versucht man seit einigen Jahren das Rad der Zeit zurückzudrehen. Die Maßnahmen zahlen sich bereits aus. Teile der Heideflüsse mäandern wieder in Ruhe und werden Heimat für Forellen und andere Wassertiere. Je mehr Leben in die Gewässer zurückkehrt, umso mehr Vielfalt hält auch an ihren Rändern Einzug. So siedeln sich an den Ufern seltene Arten wie Eisvögel, Otter und Libellen an. Auch die verbliebenen Moorflächen und Bruchwälder profitieren davon. Auf ehemals trockengelegtem Grund entwickelt sich wieder vielfältiges Leben

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Idealtypisch für die Heideregion sind Feuchtgebiete mit ruhigen Flussläufen, umsäumt von sumpfigen, mit Mooren durchzogenen Erlenbruchwäldern und angrenzenden Feuchtwiesen. Sie dienen als wertvolle Wasserspeicher und bieten zugleich geschützten Lebensraum für unzählige seltene Tier- und Pflanzenarten.
Doch trotz aller positiven Veränderungen bleibt ein Problem: Die zunehmende Versandung der Gewässer. Diese betrifft auch Flüsse und Seen in Naturschutzgebieten. Die Hauptursache ist das Verschwinden von Uferrandgebieten: Jahr für Jahr rücken Felder näher an die Flussläufe heran. Was den Landwirten zur Gewinnung zusätzlicher Fläche dient, bringt für den Natur- und Gewässerschutz weitere äußerst negative Auswirkungen mit sich. Viel zu viel sandiger Boden wird bei starken Regenfällen in die Wasserläufe geschwemmt. Und mit ihm jede Menge Dünger, der zu unnatürlichem Wachstum von Wasserpflanzen führt und das Leben in den Bächen zunehmend erstickt.

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Die heimische wassernahe Fauna und Flora ist auf sauerstoffreiche, nährstoffarme und kühle Gewässer mit kiesigem Bachbett angewiesen. Diese idealen Bedingungen sind nach wie vor selten zu finden. Doch dort, wo Landwirte und Naturschützer Hand in Hand arbeiten, gibt es erste positive Entwicklungen. Eine wichtige Erkenntnis für die Zukunft: Solange die Vernunft regiert, braucht es keine neuen Gesetze.